Als Mary zum einundzwanzigsten Geburtstag ihrer jüngeren Schwester Moira nach Hause aufs Land fahren muss, ist sie nicht gerade begeistert. Nach dem Tod der Eltern sind die beiden Schwestern bei ihrer strengen Tante aufgewachsen, die Moira immer bevorzugt hat. Als diese zum Geburtstag nun auch noch die Kette ihrer verstorbenen Mutter bekommt, ist Mary zutiefst verletzt. Die Schwestern geraten in einen Streit, bei dem das Amulett in den Brunnen im Garten ihrer Tante fällt. Mary bleibt nichts anderes übrig, als hinterherzuklettern. Doch als sie unten ankommt, ist sie nicht mehr in ihrer Welt, sondern in Frau Holles Labyrinth - einem düsteren, gnadenlosen Reich, in dem die Menschen keine Erinnerungen mehr an das haben, was ihnen einst lieb war. Für Mary beginnt ein brutaler Kampf ums Überleben ...
Quelle: Heyne Verlag
Stefanie Lasthaus hat eine fesselnde Handlung aufgebaut, deren Hintergründe mich fasziniert haben. Genauso wie die Geschichte rund um Frau Holle und ihrem Labyrinth. Die Stimmung ging mir unter die Haut, die Dunkelheit drückte mir aufs Gemüt und die Verzweiflung schlug mir auf den Magen.
Leider waren beide Protagonistinnen keine Sympathieträgerinnern. Die jüngere Schwester Moira ist verwöhnt, popogepudert, ichbezogen und schert sich einen Dreck um die Angelegenheiten anderer. Ja, ich musste tief durchatmen, sobald sie die Bühne betrat. Immerhin blieb sie ihrem Charakter treu, schämte sich nicht für ihre Allüren und wäre auch nicht auf die Idee kommen ihr Verhalten zu hinterfragen. Man könnte sagen, sie war konsequent.
Jetzt sollte man meinen, dass die ältere und durchaus vernünftigere Schwester, diejenige ist, mit der ich mitfühlen konnte. Und anfangs war es auch wirklich so, dass ich Mary mochte und mich ihre Geschichte berührt hat. Aber im weiteren Verlauf zeigt sie Seiten an sich, dass mir fast die Kinnlade runtergefallen ist. Sie ist permanent abwertend gegenüber den Menschen aus Frau Holles Reich. Bezeichnet sie als zurückgeblieben und hinterwäldlerisch. Sie ist regelrecht pikiert über die Lebensumstände.
Ich wollte sie in meiner Wut schütteln. Mädchen! Die haben dich beschützt, dir Essen und Trinken gegeben und dir fällt nichts Besseres ein, als dich über ihre Situation lustig zu machen? Ich hätte mir wirklich nur EINEN Funken Anstand gewünscht. Respekt. Dankbarkeit. Empathie. Irgendwas!
Auch ihr plötzliches Bedürfnis ihre Schwester zu beschützen, obwohl sie sie vorher schon unausstehlich fand, kam gar nicht bei mir an.
Es ist so traurig. Eigentlich mochte ich niemanden im Buch.
Es ist okay für mich, wenn Charaktere so aufgebaut sind, dass man sie hassen soll. Es ist auch okay, wenn ich manche Entscheidungen nicht nachvollziehen kann. Aber so niemanden zu mögen und sich aus Verzweiflung schon fast über die falsche Nettigkeit von der Bösewichtin zu freuen, fühlte sich nicht ganz so cool an.
Schade, das war wohl keine Geschichte für mich.
Normalerweise kritisiere ich es nicht in Rezensionen, weil es noch in fast allen Büchern vorkommt. Aber die ableistische Sprache in dieser Geschichte war wirklich ausgeprägt.
Kurzer Exkurs: Die ableistische Sprache verwendet Begriffe, die mit Behinderungen assoziiert werden, um alles zu verspotten, zu beleidigen oder herabzusetzen.
Fazit: »Frau Holles Labyrinth« von Stefanie Lasthaus hat eine faszinierende Grundgeschichte, die voller Düsternis und Verzweiflung steckt. Leider konnten mich die Protagonistinnen nicht catchen, viel mehr habe ich Anstand, Respekt und Empathie vermisst. Auch die Handlung plätscherte vor sich hin und endete ohne große Überraschungen.
Ebenfalls rezensiert von Letterheart | Addicted2Books
Beim nächsten #blogger_innensonntag am 8. Dezember geht es um: Deine Lieblingsleseorte
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