Isla Hall ist auf Silverton House als Hauslehrerin angestellt. Ihre Arbeitgeber sind die reichen, aber desinteressierten Austins, die viel Wert auf Etikette, aber wenig auf ihre Tochter Ruby legen. Deshalb ignorieren sie auch ihre Schlafprobleme und den zerbrechlichen Zustand des Mädchens. Nur Isla scheint sich zu sorgen und muss feststellen, dass viel mehr hinter den dunklen Augenringen und der Müdigkeit von Ruby steckt. Während sie keine Träume zu besitzen scheint und des Nachts in die Dunkelheit fällt, hat Isla noch nie zuvor in ihrem Leben so intensiv und farbenfroh geträumt wie auf dem Anwesen. Immer wieder erscheint ein Mann, dessen traurigen Augen sie nicht vergessen kann. Während Isla auf eigene Faust ermittelt, kommt sie einem Geheimnis auf die Spur, das ihre Vorstellungskraft übersteigt.
Das erste Kapitel beginnt packend und spannend. Die bildhafte Sprache von Stefanie Lasthaus hat es mir leicht gemacht, in das Buch zu finden. Wir erfahren nicht viel und bekommen doch den Schlüssel in die Hand gedrückt, der uns die Lösung für alles bietet, auch wenn wir erst viel später erfahren, in welche Tür er passt.
Drei Jahre später beginnt Islas und Rubys Geschichte. Isla ist eine junge, noch unerfahrene Frau und versucht bei ihren Arbeitgebern ihr Bestes zu geben. Durch ihre Zurückhaltung und Zielstrebigkeit bekommt man schnell den Eindruck, dass sie unnahbar ist, doch Ruby schaut hinter diese Fassade und entdeckt so viel mehr: eine zarte, mutige und einfühlsame Frau, die aus ihrem Leben geflohen ist und die der Einsamkeit in ihrem Herzen nicht entkommt. Von den Eltern nicht beachtet, zu wenig Aufmerksamkeit und Liebe, verbindet die beiden mehr, als sie ahnen.
Ruby ist für ihre sechs Jahre ein aufgeschlossenes, kluges Mädchen, das schon zu früh erwachsen sein musste. Ihr kurzes Leben ist geprägt von Strenge, Sittsamkeit und Gehorsam. Ein Kind sein, das spielt, läuft und tobt und in Pfützen hüpft, durfte sie nie sein. Ihr Wesen, ihre Herzlichkeit und die Suche nach jemanden, der sie in ihre Arme schließt, hat mich gefangen genommen. Am liebsten wäre ich durch die Seiten gesprungen und hätte sie an mich gedrückt. Sie ist ein so aufmerksames Kind, dass ich verstehen kann, warum Isla ihrem Charme verfallen ist. Mir ist es genauso ergangen. Über den Rest der Familie Austin konnte ich nur den Kopf schütteln und habe sie innerlich verflucht, dass Etikette mehr Wert ist als ein unschuldiges Kind.
Eine Person hat mich besonders überrascht: Hannah. Sie tritt als Hausmädchen und Köchin auf, ist rotzfrech und lässt sich von nichts beeindrucken. Damit ist sie in dieser Geschichte das genaue Gegenteil der fügsamen Isla. Sie ist nicht nur geradlinig und übertritt gerne mal Grenzen, es kratzt sie auch nicht, was man über sie denkt. Dafür hält sie die Klappe und ist loyaler, als man vermuten würde. Und wenn Ruby im Raum ist, dann erweicht auch ihr Herz.
Die Geschichte ist interessant aufgebaut, man verliert sich in der bildhaften Sprache und Islas Träume sind so real, dass man mittendrin steht. Dabei erleben wir Abenteuer, gruselige Momente und täuschend echte Begegnungen. Und obwohl mich die Traumwelt beeindruckt hat und ich wie gefangen war, wurde es mir bald zu viel. War ich lange Zeit fasziniert, so verlor ich irgendwann den Faden und habe mich zäh vorangekämpft. Die Autorin verliert sich viel zu viel in Beschreibungen, die kaum oder gar nicht die Handlung vorantreiben. Es passiert zu wenig. Islas Gedanken wiederholen sich und sie kaut auf allem herum, auch wenn sie weiß, dass die Lösung noch in weiter Ferne liegt. Anstatt ein bisschen mehr aktive Handlung einzubauen, lässt sie Tage verstreichen, bis sie etwas unternimmt. Hier hätte ich mir mehr Schlagabtausch gewünscht, mehr Interaktion mit den Charakteren. Vielleicht sogar mal aus der Sicht einer anderen Person erzählt, oder kleine Vorgeschichten zu Islas und Rubys Familie, um sie uns näher zu bringen. Das hätte dem Ganzen mehr Schwung gegeben. Nicht dieses Alleinelassen mit Islas Teufelskreis aus immer wiederkehrenden gleichen Feststellungen und Erkenntnissen.
So blieben mir viele Charaktere zu blass, einige Handlungsstränge nicht ganz fertig. Vom Bösewicht (ich nenne ihn mal so, damit ich nicht spoilere) erfahren wir auch nur seinen jetzigen Zustand. Gerne hätte ich sein vergangenes Ich kennengelernt, seine Beweggründe erfahren und gewusst, wer er vor all den Geschehnissen war. Selbst wenn er ein Scheusal ist, möchte ich doch seine Handlung und sein Sein verstehen. Einfach nur zu sagen „Er ist böse, weil ... und das ist eben so“ fand ich unausgereift. Jeder hat seine Vorgeschichte und auch, wenn seine angeschnitten wurde, war sie mir doch zu dünn.
Der eigentliche Kern der Geschichte kam sehr schleppend und für meinen Geschmack zu spät. Die ganze Zeit tappte ich im Dunkeln und bis ich mal eine Ahnung bekam, war ich schon fast gelangweilt.
Bei diesem Buch wäre es ratsam gewesen, 100 Seiten an Gedanken zu sparen und mehr die Geschichte der jeweiligen Charaktere auszubauen, um dadurch mehr Spannung zu erzeugen.
Fazit: »Die Saphirtür« ist eine bildhafte, träumerische Geschichte, die einen tollen Schreibstil von Stefanie Lasthaus aufweist, mir jedoch zu viele wiederholende Gedanken beinhaltete und die Handlung nur zäh vorantrieb. Die Charaktere sind teils lebendig, teils zu blass ausgearbeitet.
Für mich sind das knappe 3 Sterne.
Beim nächsten #blogger_innensonntag am 8. Dezember geht es um: Deine Lieblingsleseorte
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