»Ich würde mich nicht unterordnen, nur weil mir irgendjemand einen Ring auf den Finger schob! Er wollte meinen Gehorsam? Er würde ihn sich erkämpfen müssen.«
Prinzessin Mirelle soll verheiratet werden - und das schnell, bevor sich ihr nacktes Bad im Fluss als Skandal herumspricht. Doch sie ist nicht bereit, sich dem Willen ihres Vaters zu fügen. Sie schlägt alle Freier in die Flucht mit der einzigen Waffe, die sie besitzt: gut gezieltem Spott. Nur nutzt es ihr nichts. Zur Strafe muss sie einen Bettler heiraten, der sie zu Demut erziehen soll. Kaum hat Mirelle den Ring am Finger, sinnt sie auf Rache an ihrem Vater - und an ihrem neuen Ehemann. Da kann er sie noch so faszinieren …
Hallo Anne und schön dich wiederzusehen! Vor ziemlich genau zwei Jahren, im Oktober 2019 hatten wir unser erstes Interview zu der Anthologie »Noir« mit deiner Kurzgeschichte »Die Schöne und die Bestien«. Wie ist es dir seitdem ergangen und wohin hat dich dein Weg geführt?
Hallo Christin! Mich freut es auch, dich wiederzusehen! Mir ist es seitdem sehr gut ergangen, ich habe fleißig weiter Kurzgeschichten geschrieben - sie bleiben einfach eine Erzählform, die ich sehr schätze. Gleichzeitig habe ich aber auch an mehreren Romanmanuskripten gesessen.
Gerade ist dein Roman Debüt »Spielmannsbraut« im Drachenmond Verlag erschienen. Es ist eine Adaption des Märchens König Drosselbart von den Gebrüdern Grimm. Du sagst selbst, dass die Prinzessin in der ursprünglichen Geschichte kaum zu Wort kam und du ihr nun eine Stimme geben wolltest. Wie ist es dir beim Schreiben ergangen?
Es war vor allem eine Geduldsprobe, könnte man sagen. Die ersten Zeilen für »Spielmannsbraut« habe ich Sommer 2011 getippt. Das ist ganz schön lange her, bis zum Erscheinen jetzt habe ich in der gleichen Zeit ein Biologie-Studium und eine Promotion abgeschlossen. Ich höre auch immer wieder, dass es nicht gut wäre, wenn man für ein einzelnes Projekt so viel Zeit verbraucht. Aber ich würde alles genau so wiederholen. Ich habe einfach auch unglaublich viel dabei gelernt - über das Schreibhandwerk an sich, aber auch über mich selbst. Man muss aber auch sagen, es hat mir trotz der Dauer unglaublich viel Spaß gemacht, jede einzelne Überarbeitungsrunde.
Beschreibe deine Geschichte mit drei Worten: Das ist schwierig. Lass mich überlegen... "Rache", "Stolz" und "Liebe". Wobei ich mit Liebe bewusst auch die Liebe zu Eltern oder Freund:innen meine.
Und nun drei, die gar nicht zutreffen: Puh, das ist ja noch kniffliger! Dann nehme ich "platte Dialoge" und "Erotik". Also es sprühen natürlich Funken, aber es wird eben nicht explizit.
Wenn du selbst einen Tag in deiner Geschichte verbringen würdest, wo gehst du als erstes hin und warum?
Ich würde zu gerne einen Blick auf den Maskenball von König Laurent werfen. Zumindest für eine Stunde. Dann würde mir das wahrscheinlich zu bunt werden und ich würde stattdessen an den Fluss gehen, an dem die Geschichte startet. Dort folge ich dann Prinzessin Mirelles Beispiel und bade im Mondschein in Gesellschaft der Feenlichter.
Deine Prinzessin Mirelle hat einen eisernen Willen, ist kämpferisch und will sich von keinem Mann vorschreiben lassen, wie sie ihr Leben zu gestalten hat. Wie viel von ihrem Charakter steckt in dir?
Ich bin definitiv nicht so schlagfertig wie sie! In Situationen, in denen ich wütend bin, fehlen mir leider oft die Worte. Allerdings kann ich mich ebenso über Ungerechtigkeiten oder Ungleichbehandlungen aufregen wie Mirelle, gerade wenn es um Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts geht. Deswegen hat mich ja auch die Originalversion von König Drosselbart so angefixt, ich wollte sie unbedingt neu erzählen. Aber zum Verfassen der "schlagfertigen" Antwort auf das Originalmärchen hat es... nun ja, viele Jahre gedauert.
Um dich ein bisschen kennenzulernen habe ich mir fünf kleine Fragen überlegt!
Drei Eigenschaften, die dich beschreiben: Ich kann zu fast allem eine andere Betrachtungsweise oder ein Gegenargument finden. Deswegen haben es mir Märchen und ihre Adaptionen vermutlich auch so angetan. Ich bin ein Kurzzeit-Optimist und Langzeit-Pessimist. Bei Ereignissen, die in naher Zukunft liegen, gehe ich meistens davon aus, dass das schon irgendwie gut gehen wird. Bei Ereignissen, die in fernerer Zukunft liegen - hier geht es vor allem um die Entwicklung der Welt - befürchte ich das Schlimmste. Wenn ich ein Tier sehe, bin ich sofort abgelenkt.
Drei Eigenschaften, die du gern hättest: Da wären wir wieder bei Schlagfertigkeit. Außerdem wäre ein besseres Gedächtnis ganz hilfreich. Und wenn ich mir eine Superkraft wünschen darf, dann die, mühelos perfekte Exposés und Klappentexte zu schreiben.
Deine liebste Märchenadaption: Auch wenn das vielleicht ein Klischee ist: "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel". Ich gucke sie jedes Jahr wieder. Diese Adaption macht einfach so viel richtig, was das Original "falsch" macht, darüber könnte ich einen ganzen Vortrag halten. Zum Beispiel begegnen sich Aschenbrödel und der Prinz nicht das allererste Mal auf dem Ball, sondern schon vorher. Und auch dann werden sie erst ein Paar, nachdem klar ist, dass der Prinz ganz genau weiß, wer Aschenbrödel ist - mit all ihren Aspekten.
Deine drei all time favorites: In Bezug auf alle Bücher, die ich jemals gelesen habe? Das kann ich unmöglich auf drei begrenzen! Und allein Jane Austen hat ja schon mehr als drei Bücher geschrieben. Aber wenn wir es auf Märchenadaptionen begrenzen, dann bekomme ich das vielleicht hin. Dann würde ich sagen...
"Cruel Beauty" von Rosamund Hodge. Eine Mischung aus "Die Schöne und das Biest", "Blaubart" und griechischer Mythologie. Schon der erste Satz fasst den Konflikt zusammen, er hat mich damals direkt reingezogen und seitdem hat mich die Geschichte nie wieder ganz losgelassen. Es war die erste Märchenadaption dieser Autorin, die ich gelesen habe, und vielleicht sind die anderen sogar noch ein bisschen besser. Aber diese hier war mein erster Kontakt mit ihrer Erzählweise und deswegen halte ich einfach mal daran fest.
"Das Labyrinth des Fauns" von Cornelia Funke. Ist vielleicht nicht auf den ersten Blick eine Märchenadaption, enthält aber definitiv Märchenmotive und ist unglaublich verstörend, bedrückend und schön zugleich. Genauso wie der Film, der als Vorlage diente.
Außerdem "Das Auge des Hähers" von Nina Blazon. Kein Roman, sondern eine Kurzgeschichte, erschienen in der Anthologie "Von Fuchsgeistern und Wunderlampen". Übrigens auch eine Aschenputtel-Adaption, aber aus Sicht einer der Schwestern und mit wunderschöner Bildsprache. Ich sage nur "Aschejahre". Die Geschichte hat mich sehr beeindruckt.
Berufstraum aus der Kindheit: Ich wusste als Kind nicht so genau, was ich hauptberuflich machen wollte, nur dass es vermutlich irgendetwas mit Tieren sein sollte. Hat geklappt, würde ich sagen. Außerdem wollte ich immer Autorin sein, Geschichten schreiben und veröffentlichen. Hat auch geklappt, würde ich sagen.
Was wäre der absolute Traum in Bezug auf das Schreiben oder/und deine Bücher?
Dass meine Geschichten es nicht nur schaffen, zu unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen. Um vielleicht die eigene Perspektive oder die eigenen Handlungsweisen zu hinterfragen. In Spielmannsbraut geht es zum Beispiel viel darum, wo die Grenze zwischen gerechtfertigter Selbstverteidigung und rücksichtsloser Verletzung anderer liegt. Oder auch um Rache und Verzeihen, um gesunde und ungesunde Liebe, wenn man so will. Wenn Leser:innen die Geschichte nicht nur konsumieren und zur Seite legen, sondern auch ein paar Gedanken aus dem Buch mit herausnehmen, wäre ich sehr glücklich.
Vielen Dank liebe Anne für die spannenden Antworten und das Interview. Ich wünsche dir einen ganz tollen Start für dein Debüt!
Vielen Dank für diese herausfordernden Fragen! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Beim nächsten #blogger_innensonntag am 13. Oktober geht es um: Warum Vernetzung wichtig ist
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