Obwohl sie ihn als Kind bei seinem Vater zurückgelassen hat, muss der 16-jährige Colin diesen Sommer mit seiner Mutter und ihrer neuen Familie in ihrem abgelegenen, alten Herrenhaus verbringen. Kaum in Thornhill Hall angekommen, scheint ihm jemand Böses zu wollen und stößt ihn kurzerhand die Treppe hinab. Als Geist wiedererwacht, muss Colin nun mit Hilfe anderer Geister und dem ebenso arrogant wie interessant wirkenden Theodore das verborgene Zimmer finden - Colins einziger Weg zurück in sein altes Leben …
Quelle: Ueberreuter Verlag
Ich mag den Erzählstil von Christian Handel. Die detaillierten Beschreibungen, die düstere Atmosphäre, mit dem leichtem Crime untergemischt. Es war, als würde das Anwesen nur durch seine Worte vor meinen Augen entstehen, als würde ich durch die alten Gemäuer schleichen und die Rosenpracht im Garten bestaunen können. Der Handlungsaufbau sorgte stets für Spannung, es wurde sich Zeit genommen, um auf dem Anwesen anzukommen und die ersten Eindrücke des mystischen Ambientes einzufangen.
Die Andeutungen waren gut platziert, sodass ich mich nicht gelangweilt habe oder auf die Folter gespannt wurde. Die Rätsel und Geheimnisse, die die Villa wie einen Kokon umhüllen, haben mich mit jeder Seite angespornt. Es gab auch durchaus gruselige Elemente, kleine Schocker und schauerliche Ereignisse.
Bei all den Bewohnenden von Thornhill Hall war es schwierig hinter ihre Motive zu blicken und einen Draht zu den Lebenden aufzubauen. Der Autor hat bewusst Brotkrumen gestreut, um meine Gedanken abzulenken und mich immer wieder vor die Frage zu stellen, wem ich trauen kann. Mir blieb nicht viel übrig, als abzuwarten und ihre Entscheidungen mit Argusaugen zu beobachten.
Kaufe ich der Mutter die Traurigkeit ab? Ist ihr Mann vielleicht doch kein so großer Charmeur? Was hat das befreundete Ehepaar zu verbergen? Was steckt hinter Imeldas Fähigkeiten? Und wieso habe ich das Gefühl, dass die Belegschaft ebenso viele Geheimnisse mit sich herumträgt?
Anders verhielt es sich mit den Geistern. All die Wärme und Herzlichkeit, die ich auf den kalten Fluren der Villa vermisst habe, wurde mir hier wiedergegeben. Es war schön den Zusammenhalt und die Vertrautheit zu spüren, den Ablauf mitzuerleben und auf Rätseljagd zu gehen. Das Ende legt noch einmal eine verdrehte Wendung hin, bei der ich immer noch nicht weiß, ob ich sie genial oder zu abstrus und einfach finde.
Überrascht hat mich die plötzliche freundschaftliche Verbindung mit dem unterschwelligen Knistern und der aufkeimenden Liebesbeziehung. Das kam schnell und intensiv, trotz gewisser Schwierigkeiten. Ich hätte den beiden gerne mehr Zeit gegeben, sich im Laufe der Geschehnisse kennenzulernen und zusammenzuwachsen, anstatt sofort einen Verliebtheitsgrad 3000 zu erreichen. Da kamen meine eigenen Gefühle nicht mit.
Leider ist auch die Distanziertheit zu den lebenden Anwesenden auf Thornhill Hall bis zum Ende nicht gewichen. Ich weiß nicht, ob es an der Vielzahl an Personen lag, aber so richtig kamen ihre ganzen Geschichten nicht zur Geltung und haben sich im Laufe der Handlung verloren.
Fazit: Christian Handel kann mit seinem bildreichen Schreibstil, der mystischen Stimmung und dem atmosphärischen Setting überzeugen. »Das verborgene Zimmer von Thornhill Hall« hielt einige Überraschungen bereit, war mir insgesamt aber in vielen Punkten nicht tiefgehend genug.
Da dies unser Novemberbuch im Buchclub war, möchte ich euch noch weitere Meinungen aus dem Buchclub zeigen:
Diana Magictimes | Federspule
Beim nächsten #blogger_innensonntag am 8. Dezember geht es um: Deine Lieblingsleseorte
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