Emilio lebt auf Cainstorm Island, dicht besiedelt, von Armut beherrscht und Gangs kontrolliert.
Um seine Familie vor den Schulden zu retten, lässt er sich auf einen Deal mit Eyevison ein. Er bekommt einen Chip im Gehirn implantiert, der jeden Tag eine halbe Stunde seines Lebens überträgt. Durch seine Augen können die Zuschauer die wildesten Stunts, Zugfahrten und gefährlichsten Kletterpartien von Emilio beobachten und kommentieren.
Doch nur ein Fehler und Emilio wird durch das Land gejagt und als Spielball benutzt. Mit dabei: Millionen von Zuschauern.
Adrenalin pur.
Durchatmen? Fehlanzeige! Diese Geschichte lässt einen keine stille Minute. Sie hetzt, verfolgt und treibt dich durch die Seiten. Lauert in den dunkelsten Ecken, wirft dich aus der Bahn, beobachtet dich, weiß all deine Geheimnisse.
Eine falsche Abzweigung und Emilio gerät in eine brenzlige Situation: aus Notwehr tötet er ein hohes Gangmitglied live vor der Kamera. Fortan wird er durch die Geschichte gejagt, ohne Sicherheit oder Rückhalt. Den Zuschauer*innen vorgeführt, wie ein exotisches Tier. Behütet auf ihrer Seite der Bildschirme beobachten sie mit gieriger Freude seine spannenden Manöver und seine waghalsige Flucht durch Cainstorm Island.
Es hatte etwas unglaublich perverses mit welcher Hingabe die Zuschauer*innen dabei waren. Wie sie mitgefiebert und über sein Leben, seine weiteren Wege bestimmt haben. Wie sie gelacht haben und sogar annahmen, das wäre alles nur ein spannendes Spiel, um sie zu unterhalten.
Es war nicht nur ekelerregend, sondern so nah bei der Wahrheit, dass mir umso schlechter wurde. Wie sie sich an seinem Leid laben, sich baden in der Aufregung. Während Emilio einfach nur versucht in dieser Welt zu überleben und seine Familie zu retten.
Marie Golien spielt mit Gefühlen, Nerven und dem Herzen. Ihr rasanter Schreibstil passte zu dem Adrenalinkick, der mir das Buch beschert hat. Die unerwarteten Wendungen machten es mir schier unmöglich vorauszuahnen, was als nächstes passiert. Zwischendurch fühlte ich mich wie die Zuschauer*innen, die vor ihrem Bildschirm sitzen und um sein Leben bangen. Die ihre Augen nicht abwenden konnten, die Angst hatten zu blinzeln und so etwas zu verpassen. Hier ist die Gefahr nicht nur unterschwellig, sondern besitzergreifend und um sich schlagend.
Die Darstellung der Charaktere war glaubhaft, ihre Emotionen und ihre Verzweiflung ging auf mich über. Man sitzt da mit flatterndem Herzen, kann nicht eingreifen und absolut nichts tun, außer die Szene zu beobachten. Das war ein gleichzeitig bedrückendes und beklemmendes Gefühl. Ich habe selten eine Geschichte gelesen, die mich so durch die Seiten gejagt hat und mir gleichzeitig viel zu langsam vorkam.
Fazit: »Cainstorm Island – Der Gejagte« von Marie Golien lässt mich leicht atemlos und mit klopfendem Herzen zurück. Die Handlung ist der Realität nicht allzu fern und hat bei mir Übelkeit verursacht. Es ist makaber mit welcher Freude sich Menschen auf das Leid Anderer stürzen. Wie sie sich an der Verzweiflung aufreiben und über Leben und Tod bestimmen. Die Darstellung der Autorin war so glaubhaft, dass mir auch im Nachhinein noch ein Schauder durch den ganzen Körper läuft.
Beim nächsten #blogger_innensonntag am 13. Oktober geht es um: Warum Vernetzung wichtig ist
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